Wer hätte das gedacht? Die Brühler Aufgelegt Senioren bei der DM in Dortmund

Von außen betrachtet sieht es so aus, als könnte ihn kein Wässerchen trüben. Ob im Training oder im Wettkampf – er scheint immer die Ruhe selbst zu sein. Aber nachgefragt, wie er sich vor dem wichtigsten Wettkampf des Jahres fühlte, gestand er, dass ihm doch heftig die Düse ging. Gemeint ist unser Helmut Netzer, den ich nach Dortmund zu begleiten die Gelegenheit hatte.
An Vorschusslorbeeren hatte es nicht gemangelt, waren seine Trainingsergebnisse über lange Zeit doch außergewöhnlich gut. In den letzten Wochen vor der Deutschen Meisterschaft (DM) war jedoch gehörig Sand ins Getriebe gekommen. Lag es an ihm oder stimmte etwas nicht mit dem Gewehr. Verunsicherung machte sich breit – und das ist bekanntermaßen Gift, wenn es um so viel geht. Insofern schraubte er die eigenen Erwartungen deutlich herunter. Mit einer vernünftigen Ringzahl abschließen und mit der Mannschaft möglichst nah an die Treppchen Ränge kommen, war sein Ziel. Seinen Teamkameraden Paul Czerwinski und Norbert Zimmermann dürfte es wohl kaum anders gegangen sein. Paul, bis in die Haarspitzen motiviert, bereitete seinen Start in der Dortmunder Gewehrhalle wie gewohnt akribisch vor. Gleichsam zielgerichtet, aber realistisch und doch eher von rheinischer Lockerheit beseelt (Et kütt wie et kütt, et hett noch immer juut jejange.), trat Norbert an die Schusslinie. Man durfte gespannt sein, was die Drei zuwege bringen.
Während Paul noch in der Probephase war, hatten seine beiden Mannschaftskollegen bereits die ersten zehn Wertungsschüsse abgegeben. Die Probe deutete darauf hin, dass Norbert eine gute Wertungsserie erwarten konnte. Wäre da nicht die Neun gleich zu Beginn in der Trefferanzeige aufgetaucht. Trotzdem bewies er Moral und beendete das erste Drittel mit respektablen 105,2 Ringen. Nach einem leichten Hänger in Serie zwei und einem wieder verbesserten Abschluss sprangen letztlich 313,3 Ringe und Platz 60 in der Rangliste heraus. Interessant war es, Paul zu beobachten. Man kennt ihn ja als einen Gewehrschützen, der sein Programm stets im gleichen bewährten Rhythmus abspult und sich weder von außen noch von etwa aufkommendem Zeitdruck beeindrucken lässt. Sein Start war ebenfalls holprig, aber dank seiner Routine schaffte er es, zunächst verloren gegangene Zehntel wieder auszugleichen. 105,3 Ringe ließen noch alle Möglichkeiten offen. Dieses Auf und Ab setzte sich in der Folge aber fort. 104,7 und 105,5 wenige Sekunden vor Schluss brachten in der Summe 315,5 auf sein Konto und Rang 20 in der Einzelwertung.
Helmuts Serienausbeute hingegen verlief durchweg aufsteigend (105,5-106,0-106,1). Das bemerkten offenbar auch mögliche Mitkonkurrenten auf einen Medaillenplatz, denn die Zuschauertraube hinter ihm wurde Mitte der letzten Zehnerserie immer größer. Seine 317,8 Ringe nahm Helmut dann auch zufrieden zur Kenntnis. Daran zu denken, dass die zum Gesamtsieg reichen könnten, davon war Helmut weit entfernt. Sein Vorteil war, dass er in der letzten Lage schoss und nach deren Abschluss das Endergebnis feststand. Als Paul begeistert mit der Nachricht kam, dass Helmut gewonnen hatte, reagierte dieser sprachlos und total überwältigt. Er wollte sein Glück kaum glauben. Erst als er seinen Namen in der Tabelle mit eigenen Augen ganz oben stehen sah, wurde ihm klar, was er geleistet hatte. Erster zu sein von 172 Schützen aus der gesamten Republik ist schon ein besonderes Erlebnis. In der Teamwertung belegten die Brühler Senioren II den neunten Rang.

Am Tag zuvor waren Renate und Wolfgang Rivet und Hans Pohl für den BSC 70 in Dortmund. Renate, wieder einmal die Zuverlässigkeit in Person, wurde in der Klasse Seniorinnen V mit 313,1 Ringen und drei nahezu gleich guter Einzelserien Sechste. Hans belegte bei den Senioren V mit 309,7 Ringen den sechzigsten und Wolfgang mit 306,0 Ringen den 156.Platz. Das Trio wurde in der Endabrechnung Siebenundsechzigster.

Alles in allem kann der BSC 70 stolz sein auf die Ausbeute seiner Senioren bei der diesjährigen Deutschen Meisterschaft.  Eine lustige Anekdote zum Schluss: Vor der Medaillenvergabe hörte ich einen augenscheinlich enttäuschten Medaillenmitanwärter fragen: „Wer ist denn dieser Netzer? Nie gehört.“  Man darf sicher sein – jetzt weiß er es!

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